Ich bin am 21. August hier in Guayaquil, Ecuador angekommen. Der Abschied von meiner Familie und von meinen Freunden fiel mir natürlich nicht leicht, aber ich war voller Vorfreude und Neugierde, sodass ich wollte, dass es endlich losgeht.
Nach nur zwei Tagen ging es für uns auch schon auf die Inseln, also für mich nach Puerto Libertad. Der erste Eindruck war besser als ich ihn mir vorgestellt habe. Obwohl ich mich sehr wie eine fremde Person, wie eine Ausländerin halt, fühlte, war ich glücklich. Ich wurde von meiner Gastfamilie herzlichst in Empfang genommen und am Steg gab es viele neugierige Kinder, die mich anlächelten. Mit meinem gebrochenem Spanisch fiel mir die
Kommunikation sehr schwer, und durch den doch recht starken Inseldialekt konnte ich wenig verstehen. Aber das war kein Problem! Ich verständigte mich viel mit Mimik und Gestik und ich wusste, dass ich den Monat in Baños zum Spanisch lernen auf jeden Fall gut nutzen werden.
Ich bin hier, um Englisch und Deutsch zu unterrichten, doch da meine Stunden erst nach den vier Wochen in Baños anfingen, hatte ich praktisch nichts zu tun. Vieles war und ist immer noch sehr neu für mich und viele Dinge wurden mir auch nicht gezeigt/ erklärt, z.B. wo das Wasser zum duschen ist, weil diese Sachen hier selbstverständlich sind, deshalb musste ich viele Fragen stellen, aber ich glaube das war kein Problem.
Nach guten fünf Tagen bin ich mit den anderen Freiwilligen nach Baños gefahren. Zu fünft haben wir uns über Airbnb eine Wohnung gemietet und konnten schon am nächsten Tag zur Sprachschule gehen, um mit den Spanischstunden zu beginnen. Natürlich gab es wieder anfängliche Schwierigkeiten, aber der Sprachkurs ist sehr hilfreich gewesen! Auch war der Monat sehr gut, um die anderen Freiwilligen besser kennenzulernen und so eine lange Zeit stärkt den Gruppenzusammenhalt, was nicht heißt, dass wir immer unbedingt etwas zu 5. gemacht haben, aber man hat trotzdem viel Zeit miteinander verbracht. Nachmittags hatten wir Freizeit und konnten so einiges unternehmen; Baños bietet dafür viele Möglichkeiten, wie beispielsweise Tanzkurse, Bergwandern, Mountainbiketouren, andere geführte Touren und vieles, vieles mehr. Man findet auch
schnell Leute, mit denen man reden kann (was eine gute Übung zum Sprechen ist) und die gute Sachen kennen, also gerade wenn man nicht die „Tourisachen“ machen möchte.
Zurück in Guayaquil ging es auch direkt mit dem Einführungsseminar weiter, welches von Federico und den ersten Süd-Nord-Freiwilligen, Melissa und Arnold, begleitet wurde. Zum ersten Mal waren wir zu 7. vollständig und besuchten zusammen jeden Tag eine andereGemeinde: Puerto Libertad, Bellavista, Cerrito, Santa Rosa und Puerto Roma. Wir bekamen die Möglichkeit uns vorzustellen, da wir zukünftig gerne andere Inseln besuchen möchten und es einfach wichtig ist, dass die Gemeinden wissen, wer ein ganzes Jahr bei ihnen leben wird. Außerdem konnten die Süd-Nord-Freiwilligen Erfahrungen und Erlebnisse ihres Auslandsjahres präsentieren!
Zurück in Puerto Libertad fing ich an, täglich bei einer anderen Familie zu essen, wodurch ich jeden Tag neue Dorfbewohner kennenlernen konnte und trotz sprachlichen Schwierigkeiten merkte ich, dass mir der Spanischkurs viel gebracht hat. Relativ Zeitnah nach meiner Ankunft, stellte ich mit Hilfe des Freiwilligen-Betreuers und den Lehrerinnen meinen Stundenplan zusammen, sodass ich mit meinem Unterricht beginnen konnte. Ich
war sehr aufgeregt und nervös und verbrachte viel Zeit mit der Vorbereitung. Jedoch fiel aufgrund der schwierigen politischen Situation in Ecuador (der Präsident hat die Treibstoffkosten drastisch erhöht, was zu gewalttätigen Demonstrationen führte, gerade von Seiten der indigenen Völker) fast zwei Wochen lang der Unterricht aus. Einerseits war es für mich schade, da ich endlich beginnen wollte; ich wollte eine Aufgabe haben, auf der anderen Seite hatte ich so die Möglichkeit die Zeit zu nutzen, um in Ruhe anzukommen, die Dorfgemeinde kennenzulernen und mich generell in das ganze Unterrichtsmaterial einzulesen. Das Kennenlernen der Gemeinde erwies sich als sehr schwer. Ich konnte mich natürlich beim Essen unterhalten, aber ohne viel zu verstehen, gemischt mit Aufregung und etwas Schüchternheit fiel es mir nicht leicht, mich mit anderen Personen zu unterhalten. Aber auch wenn es nur ein paar Sätze waren, rückblickend war es sehr gut, dass ich mich getraut habe, mich einfach zu einer Gruppe darzustellen und mitzureden.
Bezüglich der politischen Situation, hier auf der Insel war ich absolut sicher. Ich kam jedoch nicht nach Guayaquil und da mein Handy ein paar Tage vorher geklaut wurde, hatte ich keinen Kontakt zu meiner Familie. Seit einigen Monaten gibt es hier auf Libertad jedoch WLAN, welches es mir ermöglichte, mit dem Computer eines Nachbarn einige Mails zu verschicken. Diese Möglichkeit entdeckte ich allerdings nur durch einen Zufall, aber generell kann ich mir jederzeit ein Internetticket kaufen, wenn ich Sachen für meinen Unterricht benötige, oder ich einfach mal kurz eine Nachricht/ E-Mail versenden möchte.
Als es hieß, dass ich morgen mit der ersten Unterrichtseinheit beginnen könnte, war ich sehr aufgeregt. Die Sprache war noch sehr neu, die Klassen bestehen aus rund 20 SchülerInnen (sind also sehr groß) und generell habe ich so etwas noch nie gemacht; bei den Nachhilfestunden in Deutschland hatte ich schließlich maximal drei SchülerInnen! Doch ich merkte schnell, dass ich mir zu viele Gedanken gemacht habe, und dass das Unterrichten echt Spaß machen kann (auch wenn es natürlich manchmal etwas anstrengend ist). Mit der Zeit entwickelte ich auch gute Methoden, um auch die jüngeren SchülerInnen zu „bändigen“ 🙂
Einmal gab es eine Versammlung der Lehrerinnen der Oberstufe mit dem Schuldirektor, doch man hatte mich nicht darüber informiert. Ich habe es mal wieder nur zufällig mitbekommen, da ich mit einigen Fragen den Direktor gesucht habe, und ihn dann mit den Lehrerinnen in einer Besprechung vorfand. Die Inhalte waren sehr wichtig, denn es ging um die kommenden Prüfungen und das Schul- bzw. Bewertungssystem unterscheidet sich stark von dem in Deutschland. Ich habe mit den Lehrkräften gesprochen und bin mir sicher, dass ich das nächste mal im Vorfeld Bescheid weiß, denn ich werde regelmäßig mit ihnen in Kontakt stehen.
Des Weiteren wollte ich eine Versammlung mit den Mitgliedern der Gesundheitsgruppe, denn in meinem Arbeitsplan stehen z.B. Workshops zum Thema Gesundheit, Vorsorge etc, jedoch kenne ich mich in ärztlichen Angelegenheiten nicht aus und wusste eh nicht genau, was meine Aufgaben sein sollen. Ich vereinbarte also einen Termin, zu dem erst alle zusagten, dann aber anschließend keiner kam. Das passierte fast ein zweites Mal (nur eine Person kam). Dies ist ein gutes Beispiel der Kulturunterschiede. Erst war ich sehr frustriert und habe das Verhalten nicht verstanden, aber ich habe mich damit auseinandergesetzt und weiß jetzt, dass die Mentalität einfach anders ist, und dass man manche Sachen ein bisschen entspannter angehen muss. Mit diesem Wissen sinkt die Frustration und zum nächsten Treffen waren dann auch alle da. Jedoch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass, wenn eine größere Versammlung, oder ein Workshop ansteht, es sehr enttäuschend sein kann. Es ist wichtig nicht niedergeschlagen zu sein, sondern sich über die gekommenen Personen zu freuen, auch wenn die Anzahl gering sein sollte.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mich am Anfang sehr fremd gefühlt habe. Ich war neu für die Gemeinde, doch es gab schon Freiwillige vor mir. Es kam nicht selten vor, dass ich mit ehemaligen Freiwilligen verglichen wurde, oder dass ich mit einem falschen Namen angesprochen wurde. Das ist zum Ankommen nicht sehr hilfreich, aber aus heutiger Sicht kann ich es verstehen und mittlerweile heißt es auch „Señorita Lea“ in der Schule. Für mich jedoch war fast alles neu und ungewohnt. Ich musste mir die Zeit geben um in Ruhe anzukommen. Ich musste lernen, nichts zu überstürzen. Auch zum Thema Sprache, denn die wird mit der Zeit immer besser. Reden ist hier das Stichwort und durch beispielsweise meine Vokabelliste, die sich stetig erweitert, läuft es sprachlich immer besser.
Da ich mein Bestes gebe, mich auf die Kultur einzulassen, fühle ich mich langsam wie ein Teil der Familie/ der Gemeinde!
Heimweh hatte ich keines. Natürlich habe ich an meine Familie und meine Freunde gedacht, aber da ich gut beschäftigt war und ich auch kaum Internet hatte, stand ich erstens nicht ständig in Kontakt mit meinen Leuten aus Deutschland, die mich an meine Heimat erinnern, und zweitens würde dies nur das Lernen der spanischen Sprache erschweren, denn so muss ich jeden Tag auf Spanisch kommunizieren. Ich höre, außerhalb meiner Klassen, lese und rede nur auf Spanisch, sodass ich sogar schon in dieser Sprache träume.
Anfangs dachte ich, dass ich viel verpassen würde, doch das stimmt nicht so ganz. Jedes Mal wenn ich Kontakt mit meiner Familie und meinen Freunden aus Deutschland habe, erfahre ich die wichtigsten Nachrichten und weiß die Zeit am Telefon mehr zu wertschätzen.
Ich nehme mir auch die Zeit um in Ruhe E-Mails und andere Nachrichten zu beantworten, das ist sehr wichtig! Zum Thema Internet generell: ich hatte mich auf einen „Internet-eingeschränkten“ Alltag eingestellt, und es tut sehr gut, zu lernen, ohne regelmäßiges Instagram-Abchecken zu leben (überspitztes Beispiel!). Die Möglichkeit ins Internet zu kommen ist fast immer da,
deshalb muss ich z.B. nicht nach Guayaquil fahren, um einen Geburtstagsanruf zu tätigen, oder um etwas zu recherchieren.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass ich super zufrieden bin mit meiner LK-Stelle in Puerto Libertad!
Freiwillige: Lea Sophia Babnik Quartalsbericht: August 2019 – März 2020